-therapeutische Internetpräsenz-  

Liebes Tagebuch,

gestern habe ich einen Bericht über die Performance Künstlerin Miranda July gesehen.
Diese stellt auf ihrer Internetseite unter anderem Aufgaben an die Leser, damit diese in ihrem Leben ein klein wenig zufriedener werden ( http://mirandajuly.com/).
Diese Idee ist sehr hübsch und gefällt mir gut, aber ich will sie ihr natürlich nicht klauen, zumal ich ja auch gar keine Performance Künstlerin bin.
Aber wenn man mal- die zugegebner maßen noch recht spärlichen Diskussionen rund um Dein Forum betrachtet- so scheint sich doch auch hier schon eine gewisse- ich möchte sagen selbstreflexive aber auch heilsame Außenwirkung einzustellen.

Nehmen wir zunächst z.B. Ray Fine ( der mich im übrigen kürzlich darüber aufgeklärt hat, dass es diese verdammten Glückswürfel schon seit etwa 10 Jahren gibt, nur ich hab es nie bemerkt und muß von daher mit meiner Melancholie selber fertig werden.... ).
Ray Fine hat sich öffentlich zu seiner Angst vor Blutwurst bekannt.
Das ist schon mal ein Schritt- ein kleiner zwar, aber immerhin ein Anfang und der richtige Weg um diese konstruktiv anzugehen.
Ray Fine möchte jetzt sogar mal den Film mit der Blutwurstmaschine im Kino ansehen. Ich werde Dir dann davon erzählen.

Dann nehmen wir weiter das „schmucke Gefieder aus dem Ruhrgebiet“, daß mir neulich einen Kommentar geschrieben hat, und einen recht illustren Bericht geliefert hat, wie dieser kleine Blog sein Leben verändert hat. Nun ja.....
Zugegebnermaßen klingt diese therapeutische Erfolgsgeschichte nun doch ein wenig geschönt, und ich wünsche dem schmucken Gefieder wirklich von Herzen, dass es seine neue Entwicklung langfristig verfolgen kann und nicht zurück in alte Muster verfällt ( und dem Bunny und dem Therapeuten wünsche ich das auch... ).

Es mag über den Sinn und Zweck, Nutzen und Gefahr von Internetseiten eine Menge diskutiert werden. Fakt ist- es gibt zweifellos eine Menge Schrott da draußen. Aber die grundsätzliche Idee, Menschen darüber ein wenig Mut zuzusprechen finde ich doch erstmal recht positiv.
Vielleicht sollte ich über mein Tagebuch einen kleinen Glückswürfel Versand anbieten. Oder die Nummern der örtlichen Telefonseelsorgen mit anhängen.
Vielleicht fang ich jetzt auch jeden Eintrag mit „Das Leben ist schön und lohnt sich (...auch wenn hin und wieder soviel Scheiße passiert.... )“ an.
Und vielleicht muß ich letztendlich auch immer weiter dafür plädieren, dass sich die Menschen etwas anbieten: Glückswürfel....blablabla...das hatten wir ja alles schon....und darüber hinaus vielleicht ein bißchen Vertrauen in sich selbst und das Gegenüber.
Scheiße, was bin ich pathetisch heute....jetzt geh ich erstmal ein Bier trinken....

Bis bald,
Deine Gnomorella
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- GLÜCKSWÜRFEL-  





Liebes Tagebuch,

der Tag heute war merkwürdig.

Bis ca. 12 Uhr hatte er sich zu einem gewaltigen „Üäh- Tag“ ausgewachsen.
„Üäh“- so wie: „Es gibt keinen äußeren Anlaß, aber ich hab trotzdem schechte Laune“.
Oder „Üäh“- wie: „Ich hab probiert zu meditieren, ich hab Ingwer Tee getrunken ( anstatt drei Liter Kaffee ) und ich könnt trotzdem alle Leute giftig angucken“

Es gibt so diese „Üäh“ Tage, die man nicht mal mit Hormonen oder Vollmond entschuldigen kann.
Es hilft auch nix, sich damit zu trösten, das wir alle nichtig und unrelevant angesichts der Unendlichkeit paraleller Universen sind, und das der Weltuntergang entweder 2006 oder 2060 eintreten wird ( jedenfalls habe ich das neulich schemenhaft auf irgendeiner Internetseite wahrgenommen), und es von daher nicht lohnt, sich längerfristig mit Sinnfragen oder Krisen auseinander zu setzten.

Nein, nein- „Üäh“Tage müssen ausgelebt werden- da müssen die Menschen bei denen man wohnt oder mit denen man verkehrt mal einfach ein bißchen leiden- es hilft nix- jedenfalls dachte ich das bis heute.

Aber liebes Tagebuch, jetzt gibt es ein Mittel gegen „Üäh“ Tage- jawoll!

GLÜCKS WÜRFEL- man muß sich das mal auf der Zunge zergehen lassen- GLÜCKSWÜRFEL....
jaja, Würfelzucker wird nun nicht mehr quadratisch präsentiert, sondern in Form von Wölkchen, Herzchen und etwas, was mit viel Phantasie vielleicht einem Kleeblatt ähnelt.
Nicht, das uns der Wellnesshype nicht schon ausreichend mit Glückstees, und Glückskeksen und Glücksschokolade versorgt hätte- nein- jetzt gibt es GLÜCKSWÜRFEL, und davon tut man sich einen in den Kaffee (...somit braucht man auch gar keinen Ingwertee mehr, und zumindest eine Droge im alltäglichen Leben hätte ihre Legitmation gefunden... ) und der Tag ist gerettet.

Jedefalls- als mich heute ein netter, junger Mann mit langem Haar fragte, ob ich denn auch ein „ Herz“ für meinen Kaffee wollte- da konnte ich keine schlechte Laune mehr haben. Sie war einfach weg. Wie ein feiner Rauchfaden selbstironischen Schmunzelns zog sie an mir vorbei in den blauen Himmel und lies sich nicht wieder blicken. Ja, und da hab ich gedacht, was bringt Dir die Lektüre über buddhistische Weisheiten am frühen Morgen, und die Erfahrung, das sitzendes „an nix denken“ ganz schön anstrengend sein kann, wenn es lediglich eines GLÜCKSWÜRFELS bedarf, um die Welt wieder ins rechte Lot zu rücken.

Nun, vielleicht braucht die Welt gar nicht so sehr die GLÜCKSWÜRFEL- sondern vielmehr die netten, jungen Männer mit langem Haar, die einem im richtigen Moment ein Stück Zucker anbieten, damit sie ein bißchen freundlicher wird. Und weil es leider – aus modischen Gesichtspunkten- nicht mehr soviele Männer mit langem Haar gibt, reicht es vielleicht auch aus, wenn wir uns gegenseitig öfter mal überhaupt irgendetwas anbieten:
Ingwertee, buddhistische Weisheiten, Debatten über Paralell- Universen oder ein bißchen Vollmond schauen. Das könnte der Welt unter Umständen ein bißchen weiter helfen – und ihren Untergang vielleicht über 2060 hinweg heraus zögern.

Bis bald,
Deine Gnomorella
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Eine Richtigstellung- und die Frage, ob Blutwurst Trashfilm Zugangskriterien erfüllt  

Liebes Tagebuch,

jetzt hast Du gerade schon wieder einen meiner Texte gefressen. Ich unterstelle Dir mittlerweile eine recht gefrässige, blutrünstige Gesamthaltung.
Wobei wir beim Thema wären.
RayFine hat angemerkt, dass er gar keine Angst vor Blut hat, und da hat er natürlich recht mit dieser Anmerkung und der Forderung einer Richtigstellung.
Ich gestehe- ich hab das beim letzten Eintrag nur gebraucht, weil es gerade so gut klang- und weil ich mit meiner Angst vor Zombies nicht alleine da stehen wollte.
Aber es ist so- auch wenn RayFine desöfteren davon träumt, dass er Menschen mehr oder weniger absichtsvoll zu Tode bringt, hat er keine Angst vor Blut. Man könnte mutmaßen, dass RayFine vielleicht Angst vor unbeabsichtigtem Blutvergießen hat, aber auch hier würde ich mich auf vagem, nicht verifizierten Terrain befinden- deswegen halte ich mich lieber an die Fakten.
Also- wovor RayFine definitiv Angst hat ist : Blutwurst !
Neulich ist ihm eine sehr hinterhältig lauernde tief in einem Omelett versteckt begegnet- und ich glaube davon hat er sich noch nicht ganz erholt. Auch die offenkundig blinzelnde auf der bavarischen Vesperschlachtplatte hat er sehr respektvoll und mit Abstand betrachtet.
RayFine meint sogar, dass einer Blutwurst durchaus mal eine Rolle in einem Trashfilm zukommen könnte. Aber da ich immer noch nicht genau weiß, was Trashfilme sind, weiß ich auch nicht, ob eine Blutwurst die Zugangskriterien erfüllen würde.
Jedenfalls ist nun RayFines Ehre wieder hergestellt, und da ich gestern einige Liter Filmblut erworben habe, kann ich seine Blutstandhaftigkeit auch nachhaltig festigen- und vielleicht ein kleines Trashfilm Daumenkino erstellen.... ;-)

Bis bald,
Deine Gnomorella
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Die Aktualität sokratischer Unwissenheit- oder: Was ist eigentlich ein "Trashfilm"?? 

Liebes Tagebuch,

Sokrates hat es ja schon gesagt : „ Ich weiß, daß ich nichts weiß“.
Nun hat Sokrates ja in einer Zeit gelebt, als die Welt noch viel jünger war als meine- und er ist auch nie 327 Jahre alt geworden- zumindest ist mir das nicht bekannt.
Jedenfalls, wo man bei Sokrates noch tiefgründige Weisheit unterstellen konnte- so völlig seiner Unwissenheit bewußt- sehe ich mich mit dem gleichen Problem konfrontiert, und fühle mich dabei kein bißchen weise- vielmehr im Angesicht einer drohenden Sinnkrise.

Vielleicht habe ich in der jüngsten Zeit zuviel an apokalyptischer Literatur und postapokalyptischen Filmmaterial konsumiert, aber es drängt sich doch die Frage auf,
a) Was könnte ich als letzter Mensch auf Erden mit meinem Wissen überhaupt anfangen ?
und
b) ist Wissen nicht auch nur im Kollektiv ( also z.B. im Sinne von 180.000.000. Individuen, die ihr Einzelwissen ergänzen- oder eben das Individuum profitiert von dem Wissen vorangegangener Generationen und paralellen Überlieferungen ) überhaupt vorhanden ?

Liebes Tagebuch, verstehst Du mich ?? Es gibt da ein paar ganz einfache Beispiele:
Würden z.B. morgen alle, alle Bäcker um mich herum verschwinden- Puff- in Mehlstaub zerfallen- auf Nimmerwiedersehen- ich hätte nicht den leisesten Dunst wie ich ein Brot backen sollte.Weiter angenommen, ich tue irgendwo einen rudimentären Brotbackautomat samt Bedienungsanleitung auf, aber zufällig haben sich auch alle Mehltütenbestände in den Supermärkten und alle Müller und Bauern in Puff, Mehlstaub und Wohlgefallen aufgelöst – hmmmm- jaaa- ich würde meinen Käse also pur essen müssen. Will sagen, ich bin dem Wissensbestand in meiner Umgebung auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Und das schlimme ist: das Beispiel lässt sich ziemlich wahllos auf kaputte Autos, Socken flicken und die Auswahl der günstigsten Krankenversicherung übertragen.

Das war ein überlebenstechnisches Beispiel. Aber das ganze geht ja noch viel weiter. All das kulturelle Wissen meiner Vorfahren zum Beispiel- das werd ich nie mehr aufholen können- und ich werde auch nicht jeden kunstszenistischen Seitenzweig verfolgen können. ABER- selbst in dem Bereich, wo ich eigentlich dachte, ich kenne mich aus, besteht ein rasendschneller Zuwuchs an Neuigkeiten, Entwicklungen, Trends undsoweiter undsoweiter und das führt dann dazu, dass ich irgendwann nur noch ein dummes Gesicht machen kann und ziemlich blöd da steh.

So war ich z.B. neulich mit RayFine bei der Trashfilmnacht. Und wir waren da, weil wir dachten, das ist was, womit wir uns beide gut auskennen. RayFine kann kein Blut sehen, und ich kann keine Zombies sehen, und wir wussten beide, wovor wir Angst haben sollten. Aber liebes Tagebuch, es kam ganz ganz schlimm. Das Blut war billig und die Zombies waren grottig, aber wirklich Angst und Grauen hatten wir vor dieser abgrundtief schlechten Filmkultur, und in den meisten Filmen waren weder Zombies ode Blut zu sehen.
Und was uns noch mehr entsetzt hat: wir mußten feststellen, dass wir beide überhaupt keine Ahnung hatten, was denn ein „Trashfilm“ nun genau ist. Deswegen mußten wir auch nach der Pause gehen, und alle Möglichkeiten, was einen Trashfilm und die Bewertung eines „guten“ Trashfilms ausmacht, durch diskutieren.
Und soll ich Dir nochwas sagen: Wir wissen es bis heute noch nicht !
Es ist nichts essentielles. Ich werde natürlich nicht verhungern, kalte Füsse haben, oder erhöhte Blutfette, weil ich nur noch Käse ohne Brot esse.
Aber es hat mir gezeigt, wie groß und immer größer diese Welt doch ist, und das man sich kaum in ihr zurecht findet und das macht mir Angst.

So bleibt mir nur noch, mich offen der sokratischen Unwissenheit zu stellen- um zumindest eine Gewißheit in diesem Leben zu haben.

Bis bald,
Deine Gnomorella

P. S. : Falls mir jemand da draußen erklären kann, was nun ein „Trashfilm“ ist........
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Optimale Mischungsverhältnisse im Genpool - oder: Gisbert! Ich will ein Kind von Dir! 

Liebes Tagebuch,

Gisbert zu Knyphausen hat der Melancholie ihre Würde zurück gegeben! Das kann man nachlesen
( http://omaha-records.de/index.php/gisbe ... nyphausen/).
Er hat das sehr gut gemacht- grundsätzlich erstmal, sich einfach mal wieder der Melancholie zu widmen- aber auch in seiner Art und Weise wie. Es ist so zeitgemäß, und persönlich, aber man findet sich trotzdem darin wieder.
http://profile.myspace.com/index.cfmfus ... d=56288056
Und hör Dir bitte, bitte auch „...durch die Nacht“ an, damit Du weist wovon ich spreche.

Evolutionsforscher haben ja festgestellt, dass sich unsere Partnerwahl auch immer ein bißchen daran orientiert, was wir beim Gegenüber von uns selber wiederfinden. Das hat was mit dem Genpool zu tun. Unsere positiven Eigenschaften hätten wir gerne im Nachwuchs potenziert.
Das auch ich einen Hang zur Melancholie habe, ist nix neues- und seit dem ich drei Tage Regenwetter zum Anlaß genommen habe um eine Abhandlung über das Ende der Welt zumindest im Geiste zu formulieren, ist es auch wohl bewiesen.

Nun, was hält mich also ab, mich beim nächsten Konzert in die erste Reihe zu positionieren, und lauthals „Gisbert! Ich will ein Kind von Dir!“ zu brüllen ( mal abgesehen davon, dass ziemlich viele Leute ziemlich laut über mich lachen würden ).
Naja, es sind folgende hypothetische Überlegungen, wie sich so ein doppelt melancholischer Genpool wohl auswirken könnte, die mich noch ein wenig daran zweifeln lassen.
Hier ein paar Varianten:

Variante a)
Gisbert und ich kriegen also ein Kind, und es ist alles ganz toll. Wir sind zwar abgrundtief melancholisch- aber glücklich dabei. Im trüben Novemberlicht schieben wir den Kinderwagen durch nebelverhangene Gassen und Nieselregen, und abends hören wir uns dann traurige Lieder an, so das selbst das Kind an meiner Brust laut juchzt vor Vergnügen.

Klingt gut oder- könnte aber auch anders laufen !

Variante b)
Kind ist da, aber tatsächlich noch ein bißchen melancholischer, als Gisbert und ich das gerne hätten.
Im Alter von 3 Monaten schreit es bei Sonnenlicht und kommt nur in der Dunkelheit zur Ruhe, bereits mit 2 Jahren weist es eine Affinität zu Friedhöfen, alten Kirchen auf und lässt sich abends lediglich philosophische Abhandlungen über den Weltschmerz vorlesen. Und im Kindergarten kriegen wir ständig besorgte Elternbriefe, weil unser Sproß blass und mit weltentrücktem, glasigem Blick in der Ecke sitzt, und eigentlich nur dann richtig Spaß hat, wenn die anderen Kinder heulen.

Klingt nicht mehr ganz so gut- geht aber noch schlimmer !

Variante c)
Minus und Minus ergibt Plus. So- da hocken wir nun und wissen nicht, was wir mit unserem Kind anfangen sollen. Unser Kind ist nicht melancholisch! Es ist nicht mal ansatzweise tiefgründig ! Es guckt drei Stunden am Stück SpongeBob. Es will mal VivaModeratorin werden- oder BWL studieren! Und dann kommt es irgendwann nach Hause und sagt, es zieht jetzt zu so´nem neureichem Irgendwem, und wir wären sowieso völlig depressiv und viel zu sehr mit unserem eigenen, düsteren Gedankenscheiß beschäftigt.

Hm- nich so doll oder.

Deswegen muß ich mir das nochmal überlegen, mit Gisbert, und dem Genpool, und der besten Mischung. Ob doch der Fitnessstudio- Sunnyboy- Sparkassenfuzzi das bessere Material bietet ? Oder frag ich aufgrund des Mischungsverhältnisses vielleicht doch einfach mal....ach lassen wir das.
Besser, ich schaue einfach noch ein bißchen in den Regen hinaus, höre „...durch die Nacht“, fröhne der Melancholie und -
bin glücklich!

Bis bald,
Deine Gnomorella




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